Hallo Hoffnung bist du schon da, lautete das Motto meiner Night on Bike 2018. Der dritte Saisonhöhepunkt stand im Schatten des bisherigen Saisonverlaufs, wo ich meine Leistung im richtigen Moment nicht abrufen konnte. Aus Hoffnung wurde Zuversicht und nach 24h reichte es zum AK-Podium beim Comeback.
Ich kann euch gar nicht sagen wie ich froh ich bin, die Night on Bike 2018 beendet zu haben und dabei noch den dritten Platz in der AK M40 erreicht zu haben.
Bevor ich dir von meinen Rennverlauf, möchte ich aber vorher ein paar Worte über die Night on Bike 2018 Allgemein und das tolle Publikum im Besonderen erzählen.
Radevormwald, Ihr seid großartig
Das Toboga Stadium in Finale Ligure ist der Wahnsinn, wie die Tifosi dort (im Positiven) ausflippen ist für das Peloton genial. Aber hey, Radevormwald kann das auch. Nur anders.
Es gab auf der 10km langen Strecke mehrere Zuschauer Hotspots, sowohl an der Alm als auch an diversen Straßen. Ich weiß gar nicht mehr, ob die Gänsehaut am Heidersteg, der Alm oder an der Leimholerstraße größer war. Aber es hat Spaß gemacht Runde für Runde an den Zuschauern vorbei zu fahren, die zum Teil bis in den Morgengrauen an der Strecke standen.
Night on Bike ehrt Zuschauer
Es ist eine logische Konsequenz, dass Veranstalter Hammerevents um Sven Schreiber zu Beginn der Siegerehrung auch nicht die Sportler und ihre Leistungen in den Vordergrund rückte, sondern die Zuschauer.
Gewonnen hat die Gruppe am Heidersteg, die mit Blechwellen eine Meisterleistung zeigte. Aber auch die Gruppe von der Leimholerstraße ging nicht leer aus und die Party an der Alm mit mehreren Hundertgästen kann sich mit Toboga messen.
Der prallgefüllte Platz vor der Bulls Bühne während der Siegerehrung für Zuschauer und FahrerInnen zeigt auch, wie groß der Respekt untereinander war.
Meine Night on Bike 2018
Meine Night 2018 wäre beinahe in einem ähnlichen Desaster geendet, wie schon die 24h MTB Europameisterschaft und die BIKE Transalp. Zwar fühlte ich mich vor dem Rennen richtig gut aber eine Wespe sollte mir fast alles versauen.
Benjamin Schwan (STAPS) gelang es mich auf den Punkt für das Rennen fit zu bekommen. Noch eine Woche zuvor twitterte ich, dass ich zufrieden aber völlig platt bin. Kennt ihr, ne? Das Gefühl im Training alles gegeben zu haben aber dann einmal die komplette Schwere durch den Körper ziehen lassen.
Mit einem kurzen Tapering gelang uns eine perfekte Vorbereitung. Bereits Donnerstags fühlte ich mich wie Neugeboren. Hinzu kamen ein paar sehr entscheidende Hinweise von Lisa Brandau und Arne Bentin (AB Sportlab) für meinen Mineralstoff Haushalt, die scheinbar kurzfristig angeschlagen haben.
Wespenstich kurz vor dem Start
Während der letzten 25min Entspannung vor dem Umziehen wäre mein Rennen fast vor dem Start gelaufen gewesen. Ich lag auf meiner Liege, um das letzte bißchen Lockerheit zu tanken als sich eine Wespe zwischen Liege und Schienbein verirrte.
Ich bewegte mich, sie erschreckte sich und stach und biss mir ins Bein. Eine leichte Rötung und kleinere Schmerzen waren das Resultat, von dem ich niemanden etwas erzählte. Warum nicht?
- Keine Ausreden. Der Wespenstich durfte nicht als Ausrede herhalten, zu leicht wäre ein Grund für eine möglicherweise frühzeitige Aufgabe gefunden gewesen.
- Ich wollte niemanden im Team verunsichern, für alle war das Rennen sowieso schon Geduldsspiel genug nach meiner bisher verkorksten Saison.
Das Resultat möchte ich euch vorwegnehmen, denn 24 Stunden Mountainbike fahren mit Wespenstich bedeutet auch: 24 Stunden erhöhte Durchblutung, schwächeres Immunsystem und durch die Pedalbewegung Verteilung des Gifts im ganzen Bein. Die Schwellung ist heute noch immer sichtbar.
Rennstart bei der Night on Bike
Zum ersten Mal habe ich mich vor einem 24 Stunden Rennen aufgewärmt. Vielleicht eines der vielen kleinen Puzzleteile, die zusammen kamen und für das gute Resultat sorgten.
Ich erwartete einen schweren Start, die Strecke der Night on Bike ist aufgrund der vielen Höhenmeter und drei schweren Anstiege sehr selektiv und eine erwärmte Muskulatur sollte mir helfen die Anfangsphase besser zu überstehen.
Um Punkt 12 Uhr ging es los. Das gemischte Start aller Teilnehmer (und nicht nach Teams, Solofahrern sortiert) erforderte viel Geduld und gleichzeitig hier und da eine gewisse Wagnis. 300m nach dem Start ging es in den Oelfte Downhill, eine gute Position war hier bereits notwendig, um im ersten Anstieg über Wurzeln und Steine freie Fahrt zu haben.
Ich fand gut ins Rennen und spulte die ersten 12 Runden allesamt zwischen 37-39min runter (ok, die ersten Runden waren etwas schneller) und fühlte mich gut.
Ich war gut im Rennen ohne ein Ergebnis zu kennen. Die Coffeechains Crew um Chrissi, Johannes und Paul machten einen perfekten Job. Zuerst gab es eine Flasche und danach kam meistens Johannes noch einmal quer über die Straße gelaufen, um im Gegenanstieg kurz Smalltalk zu halten. Das half sehr gut.
Wie sich 1000 Puzzleteile zusammenfügen
Die Ultralangdistanz ist so komplex und vielseitig, dass man das Gefühl hat man puzzelt sich durch das Rennen. Es spielen bei einem erfolgreichen Rennen soviele Faktoren eine Rolle, wie die Ernährungsstrategie, der Körper-Rad Kontakt, die reine Ausdauerleistung, das Pacing, die mentale Fokussierung, das Wetter, die Stimmung an der Strecke, die Strecke an sich und und und.
Die ersten sechs Stunden verliefen beinahe nach Lehrbuch. Abgesehen vom Wespenstich, der sich immer dann bemerkbar machte, wenn Steinchen oder Stöckchen gegen das Schienbein prallten, ging es mir erstaunlich gut. Mental war ich fit und konnte alle Tiefpunkte schnell wegarbeiten.
Ernährungstrategie
Back to the basics lautete das Motto für meine Ernährungsstrategie. Benjamin empfahl mir zwei unterschiedliche Methoden, die beide aufgehen können aber nur getrennt durchführbar sind. Entweder ich trinke meine Kohlenhydrate oder ich esse sie. Aber beides zusammen sei nicht der beste Weg.
Der Plan sah also vor, dass ich die ersten 2h 80gr Kohlenhydrate pro Stunde trinke (und etwas Sponser Liquid Energy Ultra mit wertvollen MCT Fetten) zu mir nehme und danach mit 60gr pro Stunde auf die sinkende Leistung eingehe.
Wir wechselten Sponser Competition Ultra, Maltodextrin 19 und Sponsor Competition Raspberry reih um. Nach 10h sollte das Sponser Competition Ultra aus dem Menuplan verschwinden und die letzten sechs Stunden sollte Cola und andere Einfachzucker Getränke auch das Maltodextrin ersetzen.
Bei Bedarf hatte ich Erdinger alkoholfrei dabei, ein genialer Tipp von Torsten Weber.
20:30 Uhr: Boxenstop #1
Das ich ein gutes Rennen fuhr war mir auch deswegen klar, dass Torsten Weber mich erst nach 6,5 Stunden das erste Mal überrundete. Das hätte ich im Vorfeld anders erwartet.
Nach 7 Stunden kam ein leichtes Hungergefühl auf und mein Körper verlangte nach Salz. Ich bekam ein Sponser Energy Salty & Nuts und fortan fügte die Crew Salztabletten in meine Flaschen hinzu. Bis zur ersten Pause nach 8,5 Stunden hatte ich meinen Salzhaushalt wieder unter Kontrolle.
Ich plante das Rennen aufgrund des bekannten Saisonverlaufs konservativ, so dass die Pause bereits vor dem Rennen fest stand. Allerdings reizte ich das Zeitfenster bis zum Maximum aus. Nach der Lampenmontage und einem Quinoa Porridge ging es nach nur 15min Standzeit weiter.
Mentalestrategie mit Defiziten
Auf Platz 3 AK und in den Top 10 Gesamt liegend wusste ich, dass das nächste Renndrittel entscheidend sein wird. Und genau jetzt machte ich bei der Night on Bike die ersten Fehler.
Die Rundenzeiten pendelten sich bei 43-48min ein und ich fühlte mich weiterhin gut. Aber anstatt jetzt alle Energie in die mentale Fokussierung zu legen und sich auf die Crunch ein Bekanntere zu freuen, kamen in mir Gedanken auf irgendwie die Nachtschicht überstehen zu müssen.
Dieser Logik folgend teilte ich die Nachtschicht in zwei 4 Stunden Schichten ein, um sie besser überstehen zu können. Durch den wachsenden Vorsprung bekam ich Bestätigung bzw. Verstärkung in diesen Gedanken.
Viel besser wäre gewesen mit neuen Zielen zu arbeiten, eine Challenge zu bestreiten und positive Energie in die Nacht zu bringen. Ich fühlte mich auf dem Rad total sicher und in den Abfahrten konnte ich auch in der Nacht ein gutes Tempo fahren, obwohl ich auf eine Kopflampe verzichtete. ich hätte den Spaß an der Strecke, der Nacht und dem Rennen zurückholen müssen. Nächstes Mal.
1:20 Uhr Boxenstop #2
Mit einer normalisierten Leistung von nach wie vor über 200 Watt war ich von der Tretleistung her weiterhin gut dabei. Die Pause war überflüssig, auch wenn ich das zu dem Zeitpunkt anders gesehen habe.
Ich fuhr vor der Pause vier wirklich konstante Runden um 44 Minuten, die Pause war mit 15 Minuten trotzdem im Rahmen. Auch nach der Pause blieben die Zeiten konstant unter 50min.
Zum Ende des zweiten Drittels machte sich dann aber schlagartig der Rückenstrecker bemerkbar.
3:44 Uhr Boxenstop 3
Eine Runde früher als geplant kam ich zur zweiten planmäßigen Pause mit Quinoa Porridge. Theoretisch hätte ich die Pause soweit nach hinten ziehen müssen bis es hell wird. Gerade das Auskühlen der Muskulatur sorgte doch für erhebliche Probleme.
Der Rückenstrecker war allerdings total blockiert und die Schmerzen nicht mehr ignorierbar, weil sie in die Tretbewegung einflossen. Ich konnte nicht mehr die Kraft der Beine ausspielen, weil der Rücken nicht wollte. Mental eine schwere Situation, weil ich nach 15 Stunden eben über diesen Punkt hinweg drücken müsste.
Ich quälte mich zwei weitere Runden, insbesondere im Flachen hatte ich wirklich große Probleme Leistung aufs Pedal zu treten.
5:54 Uhr Boxenstop 4
5 Runden Vorsprung und mein regster Widersacher fährt nicht weiter. Alleine diese Tatsachen waren für den Kopf Mist. Mit über 2,5 Stunden Vorsprung bei sechs Stunden zu fahren war das Podium save und der innere Schweinehund zufrieden, insbesondere weil der Rücken wirklich streikte.
Auch im Gesamtklassement war ich weiterhin um Platz 8-11 positioniert aber mir fiel es fortlaufend schwerer Motivation über das Gesamtklassement zu finden. Es erschien mir nicht sinnvoll genug und wer sich mit mentaler Fokussierung auskennt, der weiß, dass gerade auf der Ultradistanz sinngebende Ziele helfen die eigenen Grenzen zu verschieben.
Das Ding nach Hause fahren
Die Verteidigung des Podiums war nun das primäre Ziel und als Samuel weiter fuhr, tat ich dies auch. Eigentlich waren die Rundenzeiten beinahe egal, die ich fahren würde, weil es ausreichen würde überhaupt zu fahren um den Vorsprung zu verwalten. Aber mit dem kleinen Druck funktionierte alles wieder etwas besser und meine Zeiten pegelten sich auf 44min ein.
Mein Physiotherapeut besuchte uns noch am frühen Morgen und schnupperte erstmals Rennluft, vielleicht geht hier demnächst auch noch mehr.
Am Ende erreichte ich bei meiner Night on Bike 2018 mit 29 Runden, 300km, 7100hm hinter Gesamt- und AK-Sieger Jörg Hermann und Lars Braun den dritten Platz in der AK M40, dem jüngsten Teilnehmerfeld. YES!
Fazit über meine Night on Bike 2018
Ich bin total zufrieden endlich wieder ein Ergebnis abgeliefert zu haben ohne mentale Krise, ohne Aufgabe und ohne Schwierigkeiten. Ich freue mich darüber, dass ich die ersten 15 Stunden ein wirklich großartiges Rennen gefahren bin und in den übrigen 9 Stunden mich nicht um den verdienten Lohn gebracht habe.
Ich habe viel über mich gelernt und weiß, welche Schrauben ich in Zukunft für noch bessere Resultate verstellen muss. Ich habe viel von Torsten Weber vor, während und nach dem Rennen gelernt. Eine inspirierende Persönlichkeit. Seinen Rennbericht und den spektakulären Kampf um Platz 2 Gesamt könnt ihr hier lesen.
DANKE
Danke an meine Coffeechains Crew um Chrissi, Johannes und Paul vor Ort. Gemeinsam haben wir ein tolles Ergebnis erreicht und ohne eure Unterstützung wäre das alles nicht möglich gewesen.
Danke Helga und vor allem ein Bekannter für die mediale Begleitung währen des Rennens. Danke Jan und ein Bekannter fürs Daumen drücken 🙂
Tausend Dank geht an Claudia Goldstrass und ihren Freunden von den Halden Hogs. Claudia war stets mit einem Lachen bei der Sache und hatte neben einem großen Mülleimer (den wir vergessen hatte) allerlei Kleinzeug für uns, dass wir gut gebrauchen konnten. Dabei war das Geben und Nehmen für Claudia eine absolute Selbstverständlichkeit, die man selten erlebt. Auch ihre Inputs zur Ernährung und heilpraktischen Tipps nehme ich gerne auf und führe die Diskussion gerne weiter 😀
Danke an GripGrab, der GripGrab Vertical (Amazon Partnerlink) ist der perfekte Mountainbike Handschuh. Sponser belieferte uns mit ausreichend Flaschen und die Competiton Ultra und Raspberry Getränke sind im Zusammenspiel perfekt. Der Sponser Energy Salty & Nuts ist eine willkommene Abwechslung für Zwischendurch. Danke dafür.
Dank gilt auch power2max. Pacing im 24h Rennen ist das A und O und durch die rechts/links Verteilung wird die Rennanalyse noch detaillierter.
Ich möchte ich aber auch bei Benjamin (für die gute Trainingsplanung), Jarmo (für die perfekte physiotherapeutische Behandlung) und Thorsten (für das Grundlagentraining im Core Bereich) bedanken.
Last but not least gilt, auch wenn ich mich wiederhole, der größte Dank an Sven Schreiber für das tolle Event und ganz Radevormwald für das großartigste Publikum, was ich je erlebt habe.
wow was für ein toller Bericht. Der Bericht passt sich der tollen NOB 2018 an